Kleine Fahrgestellnummernkunde

Viele unserer Kunden klingen am Telefon ganz entgeistert, wenn sie uns ihre Fahrgestellnummer nennen und wir daraufhin wissen, um welches Fahrzeug in welcher Ausführung es sich handelt. Auch die Frage, ob wir daraus auch die heute getragene Sockenfarbe herauslesen könnten, kam schon auf.

Dem ist nicht so, Sockenfarben sind in der Fahrgestellnummer nicht verschlüsselt – wohl aber die Baureihe, die Typbezeichnung, die Lenkungsausführung (Rechts-/Linkslenker), die verbaute Getriebeversion (Schaltgetriebe/Halbautomatik/Automatik) und die laufende Nummer des Fahrzeugs.

Nach folgendem Muster sind die Nummern aufgebaut:

XXX XXX         X         X XXXXXX
Baureihe Typ-Bezeichnung Lenkung Getriebe Laufende Nummer

Lenkung:
1 = Linkslenker
2 = Rechtslenker

Getriebe:
0 = Schaltgetriebe
1 = Halbautomatik (z.B. Hydrak)
2 = Automatikgetriebe

Beispiel zur Entschlüsselung:

113 042 – 12 – 999999

Baureihe W113, Typbezeichnung 230SL, Linkslenker mit       Automatikgetriebe, Nr. 999999.

Kombination von Typenbezeichnung und Motornummer

Da wir nun den grundlegenden Aufbau der Fahrgestellnummer kennen, können wir uns nun noch genauer die Baureihen- und Typenbezeichnungen ansehen. Zu jeder Typenbezeichnung gehört außerdem eine verbaute Motorversion, diese ist in der folgenden Tabelle mit aufgeführt. Teilweise wurden in einem Typ im Laufe der Zeit mehrere Motorversionen verbaut. Dann ist der Monat des Wechsels oder die Fahrgestellnummer angegeben.

Da es sonst den Rahmen sprengen würde, sind hier nur die bei uns gängigsten Typen aufgelistet: W108, W109, W110, W111, W112 und W113. In den USA und anderen Ländern wurden auch niederverdichtete Motorversionen angeboten, wenn dort die Kraftstoffqualität zu wünschen übrig ließ. Diese sind ebenfalls nicht aufgeführt, um die Übersichtlichkeit zu wahren.

Erste sechs Stellen
der FIN
Typbezeichnung Motorversion
W108 108012 250S 108.920
108014 250SE 129.980
108015 300SEb 189.989
108016 280S 130.920
108018 280SE 130.980
108019 280SEL 130.980
108057 280SE 3.5 116.980
108058 280SEL 3.5 116.980
108067 280SE 4.5 117.984
108068 280SEL 4.5 117.984
W109 109015 300SEL 189.988
109016 300SEL 130.981
109018 300SEL 6.3 100.981
109056 300SEL 3.5 116.981
109057 300SEL 4.5 117.981
W110 110010 190c 121.924
110010 200 121.940
110011 230 180.945
ab 07/66:
180.949
110110 190Dc 621.912
110110 200D 621.918
W111 111010 220b 180.940
111010 230S 180.947
111012 220Sb 180.941
111014 220SEb 127.982
111021 220SEb Coupé 127.984
111021 250SE Coupé 129.981 bis FIN 085397
129.980 ab FIN 085398
111023 220SEb Cabriolet 127.984
111023 250SE Cabriolet 129.981 bis FIN 085397
129.980 ab FIN 085398
111024 280SE Coupé 130.980
111025 280SE Cabriolet 130.980
111026 280SE 3.5 Coupé 116.980
111027 280SE 3.5 Cabriolet 116.980
W112 112014 300SE 189.984
ab 01/64: 189.986
112015 300SE lang 189.984
ab 01/64: 189.986
112021 300SE Coupé 189.985
ab 01/64: 189.987
112023 300SE Cabriolet 189.985
ab 01/64: 189.987
W113 113042 230SL 127.981
113043 250SL 129.982
113044 280SL 130.983

Anhand der Fahrgestellnummer lässt sich also einiges herausfinden, nicht nur aber auch dann, wenn man sich auf dem Gebrauchtwagenmarkt bewegt und auf die Schnelle wissen möchte, ob das vor einem stehende Fahrzeug eine Bastelbude oder ein zumindest in der Basis originales Auto ist.

Fahrgestell- und Motornummer sind also als erstes Instrument zur Kontrolle der Originalität sehr nützlich!

Es gibt drei heiße Kandidaten für [ggf. versteckte] Umbauten, die man anhand der Fahrgestellnummer bzw. Motornummer erkennen kann, und die teilweise wegen Verlust der Originalität den Wert erheblich mindern:

  • W111 Coupés wurden zu Zeiten besserer Teileverfügbarkeit gerne zu Cabriolets umgebaut. Das kann passabel erledigt worden sein, oft werden aber die beim Cabrio notwendigen Verstärkungen der Einfachheit halber weggelassen, was natürlich der Stabilität des Fahrzeugs mit abgeschnittenem Dach nicht zuträglich ist. Umbau-Cabrios können außerdem nie einen ähnlichen Wert wie originale Cabrios erreichen.
  • „Pagoden“ (W113) in der 280SL-Version wurden bei kapitalen Motorschäden oder günstigen Restaurationen ohne komplettes Auto gerne Limousinenmotoren eingebaut (130.980) statt der eigentlich richtigen Pagodenversion (130.983).  Der Pagodenmotor hat eine andere Nockenwelle und eine andere Einspritzpumpe und kommt so auf 10 Mehr-PS gegenüber dem Limousinenmotor.
  • „Pagoden“ (W113) in der 230SL-Version wurden bei notwendigem Austausch des Motors oft 250er- oder 280er-Motoren eingebaut, da 230er-Motoren schon länger rar waren. Das sieht auf den ersten Blick nach einer Verbesserung aus, aber neben dem Verlust der Originalität machen gute 230er-Motoren oft auch mehr Spaß als ihre größeren Brüder.

Alle Angaben nach bestem Wissen, jedoch ohne Gewähr für Vollständigkeit und Richtigkeit. Wer Fehler findet oder Ergänzungen hat, kann uns das gerne mitteilen.